Politiker fordern mehr Einsatz von Beschäftigten – Aber 4-Tage-Woche könnte dennoch kommen

„Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten“, so der amtierende Bundeskanzler beim CDU-Wirtschaftstag. Dass es einen Wandel in der modernen Arbeitswelt braucht, ist längst klar. Die junge Generation wünscht sich aber statt der geforderten stärkeren Einbringung und mehr Wochenstunden das Vier-Tage-Modell. Und mit mehr Geld alleine sind die zukünftigen Fachkräfte laut einer Studie von BuchhaltungsButler in Zusammenarbeit mit DataPulse Research nicht zu überzeugen, mehr zu arbeiten.

4-Tage Woche

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Irrt sich der Kanzler?

In seiner ersten Regierungserklärung möchte Friedrich Merz Wege aus der Wirtschaftskrise aufzeigen und verlangt dabei nicht weniger als eine gewaltige Kraftanstrengung. Dabei denkt der neue Kanzler laut eigener Aussage hauptsächlich an die arbeitende Bevölkerung im Land, denn die soll wieder effizienter werden, um für mehr Wettbewerbsfähigkeit zu sorgen. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft stützt seine Einstellung, denn eine vom IW in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass die Deutschen im Schnitt weniger Stunden arbeiten als ihre Kollegen in anderen Wirtschaftsnationen.

Zunächst sieht es so aus, als würde Deutschland im Vergleich aller OECD-Länder mit dem drittletzten Platz auch tatsächlich extrem schlecht dastehen. Noch weniger als deutsche Beschäftigte arbeiten Menschen in Frankreich mit nur 1.027 Stunden und in Belgien mit rund 1.021 Stunden. Hierzulande kommen je Einwohner im erwerbsfähigen Alter, das statistisch betrachtet zwischen 15 und 64 Jahren, nur durchschnittlich 1.036 Stunden pro Jahr zusammen.

Ein kritischer Blick in die Studienergebnisse mag sich hier aber lohnen, denn schon bei früheren Erhebungen zum Thema stellt das IW Köln fest, dass es schwer sei, die Angaben der Länder miteinander zu vergleichen.

Schon voriges Jahr wurden die geleisteten Arbeitsstunden je Erwerbstätigen verglichen, was Aussagen über die Ausschöpfung des Potenzials der Arbeitskräfte eines Landes zulassen sollte. Grund für die Aussage waren Kritiken an den Ergebnissen aus 2024 bei der Befragung Arbeitszeit: Sind die Deutschen arbeitsscheu?

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Von 1.031 auf 1.036 geleistete Stunden kommt unser Land ein Jahr nach der letzten Erhebung. Der Durchschnitt des Arbeitskräftepotenzials zeigt sich nahezu gleichbleibend, während dies in anderen Ländern ganz anders aussieht, so diese aktuelle Grafik:

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Merz kritisiert 4-Tage-Modell öffentlich

Mit Vier-Tage-Woche und Work-Life-Balance werden wir den Wohlstand dieses Landes nicht erhalten können, so wird Friedrich Merz beim CDU-Wirtschaftstag außerdem zitiert.

Kritik gibt es von vielen Stellen an den Aussagen des Kanzlers. Sogar von falschen Zahlen ist die Rede. Während das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung AB auf über 1,2 Milliarden unbezahlte Überstunden 2024 verweist, weist der Deutsche Gewerkschaftsbund darauf hin, dass 2020 bis 2024 etwa 44 % der Beschäftigten länger als vertraglich vereinbart gearbeitet haben. Zudem geschieht diese Mehrarbeit in 15 % der Fälle häufig oder oft außerhalb der normalen Arbeitszeit.

Der Kanzler macht es sich leicht, mit der Forderung nach einer gewaltigen Kraftanstrengung der Menschen in unserem Land, finden viele Kritiker. Außerdem sollte jeder so leben können, wie er das möchte, sagt Kanzleramtsminister Thorsten Frei.

„Wir sind ein freiheitliches Land und deswegen muss jeder grundsätzlich so leben können, wie er das möchte. Dies dürfe aber nicht auf Kosten anderer geschehen. Im Bild-Interview behauptete er weiter: Die Pro-Kopf-Arbeitszeit der Deutschen sei in den vergangenen Jahren kontinuierlich nach unten gegangen.“ Quelle: Tagesschau

24 % der Befragten arbeiten in Unternehmen, so die Studie von BuchhaltungsButler, die eine Vier-Tage-Woche getestet oder implementiert haben. Im Vorjahr hatte das ifo Institut einen Anteil dieser Gruppe von 11 Prozent ermittelt. Der Umbruch in der Arbeitswelt ist gesellschaftlicher Zündstoff, das zeigt nicht nur die erste Regierungserklärung von Friedrich Merz.

Debatte um Vier-Tage-Woche hält an

Es gibt zahlreiche Experten, die Studien mit dem einen oder anderen Ergebnis präsentieren oder sich darauf berufen. Für zukünftige Ereignisse kann es nur Simulationsrechnungen geben, die beispielsweise ermitteln, ob wir einen Feiertag abgeben sollten, um unsere Wirtschaftsprognose zu verbessern. Bei rund 250 Arbeitstagen im Jahr, ohne Wochenende und Feiertagen, haben wir pro Feiertag 0,4 Prozent der Arbeitszeit, die wir einbüßen. Könnte der zusätzliche Arbeitstag wirklich die Wende und damit neue Aufträge bringen?

Hochrechnungen versprechen zwischen fünf und knapp neun Milliarden Euro, die die Unternehmen über zusätzliche Aufträge bei einem Feiertag weniger einnehmen könnten. Doch wie gesagt, hier arbeitet theoretisches Zahlenwerk und die Spanne liegt entsprechend hoch. Fakt aber ist: Politiker wollen mehr Arbeitsvolumen generieren, schließlich steht viel für das Land auf dem Spiel.

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Teamklima und Geschäftserfolg in dieser Grafik zeigen aber, dass nur eine Minderheit negative Auswirkungen in diesen beiden Kategorien durch die 4-Tage-Woche verzeichnete. Auffällig ist dabei der hohe Anteil junger Beschäftigter, die den Job wechseln würden, wenn sie in einem anderen Unternehmen dieses verkürzte Arbeitszeitmodell angeboten bekommen. 3 von 4 Beschäftigten zwischen 18 und 24 hatten diese Frage in der Studie von BuchhaltungsButler mit Ja beantwortet.

Im Kern geht es um die Wettbewerbsfähigkeit und die Produktivität in Deutschland. Können wir uns eine 4-Tage-Woche leisten oder braucht es statt weniger Arbeitszeit einen Feiertag weniger, um die heimische Wirtschaft anzukurbeln? Tatsache ist aber wohl, dass vor allem die jungen Generationen ihre Stimme immer stärker erheben und das kurze Wochenmodell aktiv von Arbeitgebern einfordern.

Pilotprojekte zeigen bisher ein gemischtes Bild, sodass nicht eindeutig erkennbar ist, welche Seite am Ende nun Recht behält. Die Deutsche Wirtschaft berichtet in ihrer Online-Ausgabe über die Chancen des Zukunftsmodells bei immerhin gleichbleibenden Gehältern. Die Gen Z und Gen Y stechen dabei besonders hervor, denn sie treiben die Diskussion um die 4-Tage-Woche bei vollem Gehalt immer wieder an.

„Die 4-Tage-Woche gewinnt zunehmend an Bedeutung, um im Wettbewerb die jungen Talente anzuziehen und zu halten“, bestätigt HR-Experte Marie Møgelvang, CHRO beim dänischen Marktführer für Buchhaltungssoftware „e-conomic“ und Beirat des deutschen Buchhaltungssoftware-Startups BuchhaltungsButler.

Fazit über die neue Arbeitswelt

Sollte es zu einer flächendeckenden 4-Tage-Woche kommen, müssen zunächst arbeitsrechtliche Bestimmungen ausgehebelt und Gesetze neu formuliert werden. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass dieses Arbeitszeitmodell generell für alle Branchen und Unternehmen gilt. Eher wird es eine Option sein, aus der Beschäftigte wählen können.

Führt die bessere Work-Life-Balance nicht zu einer Steigerung der Produktivität, kann sie dennoch Sinn ergeben, und zwar in Bereichen, wo der Fachkräftemangel ohnehin verhindert, dass neue Mitarbeiter ins Unternehmen kommen. Die kurze Woche würde dann als attraktives Angebot den Wert als Arbeitgeber steigern.

Auf der anderen Seite gibt es wahrscheinlich Branchen und Organisationen, in denen es tatsächlich den Merzschen Kampfgeist und das stärkere Einbringen von Mitarbeiterleistung braucht. Aber auch hier muss individuell entschieden werden. Eine generelle Aussage steht auch unserem Kanzler in dieser Sache wohl nicht zu.