Positive Unternehmenskultur! Ein Schlagwort, das unter dem Fachkräftemangel, der Veränderung von Einstellungen gegenüber seiner täglichen Arbeit und den unterschiedlichen Zielen der jungen Fachkräfte eine neue Bedeutung erhält. Als Schlüssel zum Erfolg werten viele HR-Experten die Optimierung relevanter Faktoren, wie die Mitarbeitermotivation. Aber noch immer ist trotz aller Veränderungen das Gehalt ein wichtiger Faktor bei eben genau dieser Motivation seiner Belegschaft.
Beim Thema Gehalt werden rund die Hälfte aktiv
Das HR-Magazin HR web hat sich unter Personalabteilungen umgehört und gefragt, wie aktiv ihre Mitarbeiter nach mehr Gehalt fragen. Das Ergebnis brachte überraschende Ergebnisse hervor, denn knapp die Hälfte der Belegschaften fragt aktiv nach mehr Gehalt nach. Bei der anderen Hälfte wird vermutet, sie scheue die Nachverhandlung und nehme gleich das erste Angebot an. Dabei ist in zahlreichen Studien bewiesen worden, dass die Unzufriedenheit über das Gehalt zu den häufigsten Motivationen für die Suche nach einer neuen Stelle gehört.
Die Zeitung für kommunale Wirtschaft, ZfK, berichtete im vergangenen Jahr über die Faktoren von Wechselwilligen. Rund 37 % der Befragten standen grundsätzlich einem Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber offen gegenüber. Bei den Wechselwilligen ist das Gehalt als Faktor auf Platz 1, und zwar mit 73 Prozent. Erst danach folgten ein attraktiver Standort (65 %), eine flexible Arbeitszeiteinteilung (64 %) und ein gutes Führungsverhalten (62 %).
In Deutschland haben rund vier von zehn Befragten das Gefühl, dass ihre Arbeitsleistung nicht ausreichend bezahlt wird: 43 Prozent der Befragten empfinden ihr aktuelles Gehalt als zu niedrig. Quelle: ZfK
McKinsey & Company veröffentlichte 2022 Zahlen, nach denen jeder Jobwechsel im Schnitt rund 30 % mehr Gehalt bringt. In der Studie des McKinsey Global Institute mit dem Titel „Human capital at work: The value of experience“ wurden Karriereverläufe auf der Grundlage von vier Millionen vollständigen Berufsprofilen ausgewertet. Ziel war die Analyse der realen Karriereverläufe, um den beruflichen Werdegang nachzuvollziehen.
Die größten Gehaltssprünge von 30 bis 46 %, sogar in nächst höhere Gehaltsklassen, machten demnach die Berufstätigen, die den Job öfter – in Deutschland im Durchschnitt fünfmal – gewechselt haben. Quelle: McKinsey
Die Gefahr der Zurückhaltung für Unternehmen
Was zunächst nach positiven Ergebnissen klingt, bedeutet andererseits aber auch, dass knapp die Hälfte der Beschäftigten in Unternehmen nicht aktiv um mehr Geld beim bestehenden Arbeitgeber fragt. Diese Gruppe von Fach- und Führungskräften droht aus dem Hinterhalt, also vollkommen unerwartet, eine neue Stelle anzunehmen. Die Chancen, dabei mehr Geld zu verdienen, sind zudem recht groß, was weitere Wechselwilligkeit in Teams nach sich ziehen würde.
Gleiche Gehälter sind das fundamentale Prinzip der Fairness in Unternehmen, denn eine faire Bezahlung ist ein wichtiger Aspekt der allgemeinen Mitarbeiterzufriedenheit. Werden Mitarbeiter bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit ungleich bezahlt, kommt es zu Demotivation und Unzufriedenheit.
Die Gründe, warum manche Mitarbeiter vor Gehaltsverhandlungen zurückschrecken, sind meist tief verwurzelt und fast immer sehr vielfältig.
Zu den Ängsten gehören beispielsweise:
- Negative Konsequenzen, denn Mitarbeiter befürchten vor allem, dass sie bei einer Gehaltsforderung als unbescheiden oder illoyal gelten könnten. In der Folge könnte es aus ihrer Überzeugung zu einem angespannten Verhältnis mit den Führungskräften oder Kollegen kommen.
- Selbstzweifel und mangelndes Selbstbewusstsein stehen vielen Beschäftigten im Weg, wenn es um Verhandlungen für eine bessere Bezahlung geht. Sie unterschätzen häufig ihren eigenen Wert für das Unternehmen und haben Schwierigkeiten, Erfolge zu akzeptieren.
- Ablehnung ist für viele Mitarbeiter ebenfalls ein Grund, nicht aktiv das Gespräch für mehr Geld zu suchen. Wie geht man damit um, wenn der Chef Argumente in der Hand hält, die gegen das Plus auf dem Konto sprechen? Nicht alle Beschäftigten sind in den Augen von Vorgesetzten so wertvoll, dass man sie nicht auch leicht ersetzen könnte. Diese Angst hemmt Gespräche über sensible Themen wie Gehälter häufig.
- Als letzter relevanter Faktor kommt auch noch fehlende Marktkenntnis hinzu. Wenn Beschäftigte nicht selbstsicher sind, haben sie meist auch wenig Informationen über Vergleichswerte und branchenübliche Gehälter. Das macht es Ihnen noch schwerer, sich zu überwinden, nach einer Gehaltserhöhung zu fragen oder darüber aktiv zu verhandeln.
Was HR-Abteilungen jetzt tun müssen
Grundsätzlich gilt Transparenz als weit verbreitete Empfehlung für Unternehmen. Doch das ist nicht uneingeschränkt so. Das Empfinden von Fairness hängt nicht allein vom Maß der Transparenz ab und birgt auch Risiken. Konkrete Gehaltszahlen offenzulegen, kann kontraproduktiv sein und zu Unruhe unter den Beschäftigten führen. Es gibt allerdings Möglichkeiten, dennoch Transparenz als wichtiges Leitbild in der Unternehmenskultur zu verankern.
Empfehlenswert ist die transparente Kommunikation von Faktoren, die bei der Festsetzung von Gehältern angewendet werden. Ähnlich wie bei Tarifverträgen und den daraus resultierenden Gehaltsklassen können Unternehmen Ausbildung, Qualifizierungen, Fähigkeiten und Betriebszugehörigkeiten mit transparenten Kennzahlen oder Details definieren.
Das proaktive Gehaltssystem ist eine andere Möglichkeit, das unerwartete Abwandern wertvoller Mitarbeiter zu verhindern, die auf der Suche nach mehr Gehalt sind. Ein vorausschauender Ansatz ist hier wichtig, um potenzielle Ungleichheiten aufzudecken und rechtzeitig gegensteuern zu können. HR-Abteilungen sollten daher nicht warten, bis Mitarbeiter ihre Unzufriedenheit äußern, sondern beispielsweise:Gehälter regelmäßig überprüfen
- Gehaltsstrukturen systematisch überprüfen
- Potenzielle Ungleichheiten identifizieren
- Proaktive Gehaltsanpassungen vornehmen
Gelungene Personalarbeit schließt eine positive Gehaltskultur ein
Unternehmerischer Erfolg basiert auf dem offenen Dialog und der optimalen Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern. Dazu gehört auch die positive Gehaltskultur, die am Ende zu einem guten Ruf für das Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber führt. Das kann helfen, die Top-Talente anzuziehen, die überdurchschnittlich hohe Mehrwerte für die Wertschöpfungskette der Organisation beitragen.
Um dies zu erreichen, müssen zunächst Fach- und Führungskräfte im HR entsprechend geschult und sensibilisiert werden. Danach definiert man konkrete Maßnahmen zum Abbau von ungerechtfertigten Gehaltsunterschieden und passt die bestehenden Gehaltsprozesse an die neuen Transparenzanforderungen an. Mit Antworten auf die wichtigsten Fragen werden zudem neue Ansätze gefunden, um alle Beschäftigten nach den gleichen Kriterien beurteilen zu können.