Es gilt beim Erstellen von Stellenanzeigen grundsätzlich, dass die ausgeschriebene Stelle zu beschreiben ist, nicht der Bewerber an sich. Dabei stehen die Tätigkeiten im Fokus, die der Bewerber objektiv zu verrichten hat. Dazu gehören unter anderem die Angaben über eine Reisetätigkeit, die unregelmäßigen Arbeitszeiten oder verhandlungssicheres Englisch.
Um nicht eine Gruppe von Bewerbern zu bevorteilen oder andere zu benachteiligen, sind diskriminierungsfreie Stellenanzeigen zu verfassen. Doch damit stehen viele Unternehmen vor Herausforderungen.
- Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz AGG schreibt die Grundsätze vor
- Das richtige Formulieren von Stellenanzeigen hat seine Tücken
- Seit 2016 gelten Kombinationen von „jung“ mit „hochmotiviert“ oder „dynamisch“ als unmittelbare Diskriminierung
- Bei einer Klage könnte es zu Schadensersatzansprüchen kommen
Diskriminierung ist Arbeitgebern gesetzlich verboten
Im gesamten Einstellungsverfahren schützt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz AGG alle Menschen vor Diskriminierung, und zwar aufgrund dieser sechs Merkmale:
- Ethnische Herkunft
- Geschlecht
- Religion oder Weltanschauung
- Behinderung
- Alter
- Sexuelle Identität
Das Einstellungsverfahren sieht der Gesetzgeber laut §§ 6 und 7 AGG von der Stellenanzeige über das Bewerbungsgespräch bis zur Jobvergabe definiert. Unterschieden wird im Gesetzestext zwischen direkter und indirekter Diskriminierung, die beide unter das Verbot fallen.
Das direkte Diskriminieren
Dabei handelt es sich um Verhaltensweisen und Regelungen, die Personen direkt aufgrund eines der sechs geschützten sechs Merkmale diskriminieren. Die direkte Diskriminierung wird auch als unmittelbare Benachteiligung bezeichnet. Ein Beispiel für eine direkte Diskriminierung im Einstellungsverfahren laut Paritätischer Verband:
Eine direkte Benachteiligung liegt vor, wenn ein Mensch schlechter behandelt wurde, wird oder würde als eine Vergleichsperson, beispielsweise wenn eine Stelle in einer Kita ausgeschrieben ist und Menschen mit Migrationshintergrund nicht eingeladen werden, obwohl sie dieselbe Qualifikation haben.
Das indirekte Diskriminieren
Die auch als mittelbare Benachteiligung bezeichnete indirekte Diskriminierung erscheint auf den ersten Blick als neutral, wirkt sich aber auf indirekte Weise negativ auf eine bestimmte Diskriminierungskategorie aus. Mittelbare Diskriminierungen kommen häufiger heutzutage vor als direkte Diskriminierungen. Ein Beispiel für eine indirekte Diskriminierung während des Einstellungsprozesses laut Antidiskriminierungsstelle des Bundes:
Die mittelbare Benachteiligung einer Person erfolgt nicht offensichtlich wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals, sondern resultiert aus scheinbar neutralen Kriterien. Diese gelten zunächst für alle gleichermaßen, in ihrem Effekt aber wirken sie sich auf bestimmte Gruppen stärker benachteiligend aus als auf andere. So ist beispielsweise eine Stellenanzeige mittelbar diskriminierend, wenn diese von den Bewerber*innen Deutsch als Muttersprache für die Tätigkeit in einer Gärtnerei verlangt.
„Personen, die glauben, dass sie aufgrund eines AGG Merkmals benachteiligt wurden, können sich entweder an die Beschwerdestelle des entsprechenden Arbeitgebers wenden oder ihn auf Schadensersatz und Entschädigung verklagen. Das gilt auch für Bewerber_innen, die im Sinne des AGG ebenfalls als Beschäftigte zu werten sind. Einen einklagbaren Anspruch auf Einstellung gibt es jedoch nicht.“ Quelle: Antidiskriminierungsstelle des Bundes.
Was ist Diskriminierung genau?
Das European Institute for Gender Equality EIGE definiert in seinem Glossar Diskriminierung so:
Quelle Grafik: https://eige.europa.eu/publications-resources/thesaurus/terms/1215?language_content_entity=de
Worauf achten, um eine diskriminierungsfreie Stellenanzeige zu erstellen?
Arbeitgeber sind gut beraten, wenn sie bei der Formulierung von Stellenanzeigen auf Merkmale wie Geschlecht, Religion, Nationalität, Altersgrenzen oder körperliche Leistungsfähigkeit verzichten. Die Rechtsprechung in Deutschland hat in den vergangenen Jahren deutlich gemacht, dass es auf den genauen Wortlaut in der Stellenanzeige ankommt. Daneben sind die Tätigkeit und die Gesamtumstände von Belang.
Diese Formulierungen sollten Sie vermeiden
Der Begriff belastbar sollte nicht verwendet werden, da ihn Gerichte als Diskriminierung gegenüber behinderten oder schwerbehinderten Bewerbern ansehen könnten. Allerdings hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Benachteiligung im Einzelfall zu widerlegen.
Die Formulierung Muttersprache Deutsch stellt laut Gerichten eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft dar.
Die Suche nach einem Geschäftsführer ohne den Zusatz m/w/d kann zu Problemen führen. Hier gibt die Gefahr einer gerichtlichen Niederlage wegen Diskriminierung, und zwar hinsichtlich des Geschlechts.
Konkret benannte Altersgruppen in Stellenanzeigen können eine Form der Altersdiskriminierung darstellen. Vermeiden Sie Formulierungen wie „erstes Berufsjahr“, „Berufsanfänger“ oder „Young Professionals“. Eine solche konkrete Begrenzung auf Berufsanfänger bzw. Bewerber, die erst die Ausbildung oder das Studium absolviert haben, ist laut Gericht eine mittelbare Benachteiligung.
Als unmittelbare Diskriminierung haben in der Vergangenheit deutsche Gerichte auch Formulierungen wie „junges, dynamisches Team“ verurteilt. Der Begriff jung ist unmittelbar an das Lebensalter angeknüpft und stellt eine Benachteiligung älterer Bewerber dar.
Altersdiskriminierende Stellenanzeigen finden sich besonders häufig im Alltag. Eine Studie des National Bureau of Economic Research (NBER) im Jahr 2022 ergab, dass ältere Arbeitnehmende keine Bewerbung verfassen, wenn in Stellenanzeigen eine bestimmte Sprache im Zusammenhang mit altersbezogenen Stereotypen vorkommt.
Grafik Quelle: https://preply.com/de/blog/die-sprache-in-stellenanzeigen/
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat in einer Untersuchung 5.667 Stellenanzeigen unter die Lupe genommen und die Ergebnisse in einer Studie veröffentlicht.
Die Studie zur Analyse von Stellenanzeigen im Hinblick auf Diskriminierung, Ausschlussmechanismen und positive Maßnahmen ergab folgende Ergebnisse
- In 125 von 1.000 untersuchten Stellenanzeigen gab es eine eindeutige Diskriminierung
- In 1.199 fand sich keine Diskriminierung, aber ein Diskriminierungsrisiko
- Bei 4.343 Stellenanzeigen fanden sich keine Hinweise auf Diskriminierung
Ein Diskriminierungsrisiko fand sich hauptsächlich in Stellenanzeigen aus DAX-Unternehmen, in denen es häufig um männerdominierte Berufe ging. Die männlichen Formulierungen, die gefunden wurde, waren beispielsweise „Durchstarter“ oder „fitter Techniker“.
Die drei Branchen mit den meisten diskriminierenden Stellenanzeigen waren bei der Untersuchung das Baugewerbe, das Dienstleistungsgewerbe und das Gesundheitswesen.
Das meiste Diskriminierungsrisiko fand man in der Industrie, der IT-Branche und dem Dienstleistungsgewerbe sowie im Handel.
Wie sieht eine diskriminierungsfreie Stellenanzeige aus?
Verzichten Sie auf geschlechtsspezifische Stellenausschreibungen und verwenden Sie stattdessen neutrale Formulierungen oder ausdrückliche Bezeichnungen wie m/w/d.
Unterlassen Sie grundsätzlich jeden Bezug auf das Lebensalter in Stellenanzeigen. Altershöchstgrenzen werden von deutschen Gerichten regelmäßig als Verstoß gegen das Altersdiskriminierungsverbot angesehen.
Sie können sehr gute Deutschkenntnisse verlangen, sollten aber auf die Voraussetzung der deutschen Muttersprache in Stellenanzeigen verzichten. Sie schafft einen besonderen Bezug zur ethnischen Herkunft, da sie laut Haufe den primären Spracherwerb durch Eltern betrifft.
Es wird empfohlen, auf ein Passfoto der Bewerber zu verzichten, da ein solches Hinweise auf das Alter, die ethnische Herkunft oder andere kritische Merkmale geben kann.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes rät auch von Fotos in den Stellenanzeigen als inhaltliches Element ab. Sie bergen ein hohes Risiko für Diskriminierung, vor allem hinsichtlich des Alters. So war rund jede fünfte untersuchte Stellenanzeige mit einem Foto ausgestattet, das nur eine Frau oder einen Mann zeigte.
„Dabei sind Fotos, die nur ein Geschlecht abbilden, in Stellenanzeigen für männer- bzw. frauendominierte Berufsgruppen zu finden. Ebenfalls rund ein Fünftel (19 Prozent) der Stellenanzeigen mit einem Foto stellen nur eine bzw. mehrere jüngere Personen dar und können daher ein Diskriminierungsrisiko für ältere Bewerbende darstellen.“ Quelle: Antidiskriminierungsstelle des Bundes