70 Prozent der Unternehmen beklagen derzeit einen Mangel an Personal im IT-Bereich. 86.000 IT-Fachkräfte fehlen laut Bitkom-Studie in Deutschland – eine Zahl, die sich in den kommenden Jahren erhöhen wird. Gerade in der momentanen Situation an der Schwelle zur digitalen Transformation wird IT-Personal dringend gesucht. Viele Unternehmen stehen in den Startlöchern. Sie haben erkannt, dass es höchste Zeit ist, in die digitale Transformation zu investieren. Dass die digitale Transformation das komplette Unternehmen betrifft und nicht nur gewisse Teile, Prozesse oder Abteilungen. Und dass der technologische Wandel jetzt stattfinden muss und nicht irgendwann in der Zukunft.
Der Fachkräftemangel bedroht diese Ambitionen. Besonders kleine Unternehmen sind davon betroffen. Oft ist das Problem nicht der Nachwuchsmangel, sondern der grundsätzliche Aufbau einer IT-Abteilung.
Der Fachkräftemangel kann bedeuten, dass Unternehmen den Anschluss in die Zukunft verpassen.
Woher kommt der Mangel und was hilft dagegen?
Ein klassischer Fehler, den viele Unternehmen in den letzten Jahren begangen haben, ist die zu späte Kontaktaufnahme. Häufig wird erst dann nach neuen Mitarbeitern gesucht, wenn sich der Mangel bereits bemerkbar macht. Es fehlt die vorausschauende Planung.
In manchen Arbeitsbereichen ist diese Herangehensweise unproblematisch. Nicht jedoch im IT-Bereich: Durchschnittlich dauert es fast sechs Monate, bis eine offene IT-Stelle neu besetzt ist. Bisher haben die Unternehmen ihren Bewerbungs-bzw. Recruitingprozess noch nicht darauf abgestimmt.
Bewerbungsverfahren vs. Talentscouting
Dabei wäre es deutlich effektiver, möglichst früh Netzwerke mit potenziellen Mitarbeitern zu etablieren. Das kann durch Präsenz auf Recruitmentbörsen und Fachmessen passieren. HR-Verantwortliche und Geschäftsführer müssen sich darüber im Klaren sein, dass das Unternehmen in diesem Fall in der Rolle des Bewerbers ist – und nicht der Kandidat.
Das Bewerben um neue Fachkräfte sollte so früh wie möglich passieren. Im besten Fall macht ein Unternehmen die IT-Spezialisten bereits während ihrer Ausbildung auf sich aufmerksam: Talentscouting kann bereits ab dem ersten Semester an den Unis beginnen. So können IT-Talente von morgen bereits an das eigene Unternehmen gebunden werden.
Der Recruitingprozess für IT-Fachkräfte muss aktiv ablaufen. Unternehmen können ihre Attraktivität für Arbeitnehmer steigern, indem sie für eine möglichst positive Arbeitsatmosphäre sorgen, Weiterbildungsmöglichkeiten schaffen und für moderne Technologieausstattung sorgen. IT-Fachkräfte wollen ihr Wissen anwenden. Es kann daher nicht schaden, als HR-Verantwortlicher up-to-date zu sein bezüglich der Technologie-Trends im Bereich Programmiersprachen, Datenbanken, Frameworks usw.
Fachkräfte aus dem Ausland
Arbeitgeber können vorhandene Technologien nutzen, um den Mangel an Fachkräften auszugleichen. Remote Work ist ein aktueller Trend, verstärkt durch die Pandemie. Unternehmen können diesen Trend nutzen, um ausländische IT-Spezialisten anzuwerben, ohne an geographische Grenzen gebunden zu sein. Die Fachkräfte können von ihrem Standort für deutsche Unternehmen arbeiten. Ein solches Vorgehen ist mit Hürden verbunden. Jedes Land hat eigene Arbeitsvorschriften, Gesetze und Regeln. Alle Vorschriften zu berücksichtigen kann für ein Unternehmen äußerst komplex werden. Besonders für Firmen, die keine gut ausgebaute HR-Abteilung haben. Für diese Problem gibt es jedoch eine Lösung: so genannte „Employer of Record“-Dienste, die für den Arbeitgeber alle Verwaltungsangelegenheiten im Personalbereich abwickeln und dafür sorgen, dass die Regeln des jeweiligen Landes berücksichtigt werden. Eine solche Lösung verursacht zunächst Kosten. Doch auf langfristige Sicht ist das eine Investition, die sich lohnt. Schließlich steht den Unternehmen damit ein globaler Pool an IT-Fachpersonal zu Verfügung – ohne die Ärgernisse der Bürokratie über Ländergrenzen hinweg.
Upskilling
Eine nahegelegene Lösung ist die Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter. Diese recht praktikable Möglichkeit wird bisher noch nicht im großen Stil genutzt. Dabei gibt es vielfache Unterstützungsangebote auf Bundesebene für das digitale Upskilling der eigenen Belegschaft. Die Bundesagentur für Arbeit beteiligt sich je nach Unternehmensgröße nicht nur an den Weiterbildungs,- sondern auch an den Gehaltskosten.
Besonders für kleine Unternehmen ist Upskilling also eine budgetgerechte Möglichkeit, an IT-Fachkräfte zu kommen.
Ob Talentscouting an der Universität, ausländische Fachkräfte oder interne Weiterbildung – wer passende IT-Mitarbeiter hat, muss sie auch halten können. Das klappt mit einer angenehmen Unternehmenskultur, modernen Technologien, flexiblen Arbeitsmodellen und nicht zu vergessen: mit einem branchengerechten Gehalt.