Neun Prozent der befragten Personalchefs gaben in einer bereits 2017 durchgeführten Studie an, dass die Anschreiben vieler Bewerbungen genau wie die Lebensläufe häufig mit Selbstoptimierungen der Kandidaten gespickt waren. Vor allem die Angaben zu ehemaligen Arbeitgebern konnten demnach besonders oft als Lüge enttarnt werden.
Das Bundesland Hessen führte in Kooperation mit CVapp eine Umfrage durch, bei der über 60 Prozent der Befragten angaben, schon einmal im Lebenslauf geschwindelt zu haben. Nur ein Kavaliersdelikt? Oder auch wegen des zunehmenden Einsatz von KI ein Problem im Bewerbungsprozess?
Warum wird im Lebenslauf gelogen?
Es geht um falsche Gehaltsangaben, die Details über vergangene Aufgaben und Projekte oder um absichtlich falsche Angaben zu Qualifizierungen. Wer sich um einen neuen Job bewirbt, hübscht den Lebenslauf in vielen Fällen auf. Viele Lebensläufe sind im Alltag von Personalabteilungen als offensichtliche Lüge zu entlarven, aber eben nicht alle. Die Methoden werden dabei immer intelligenter, auch dank ChatGPT und anderen KI-Tools zur Generierung von Bewerbungsunterlagen.
Die Überprüfung fällt in vielen Unternehmen spärlich aus, was das Lügen noch zusätzlich erleichtert. Als Gründe können Lücken gelten, die Bewerber lieber verschweigen würden oder die Auszeit mit einer Reise begründen, statt mit der tatsächlichen Erwerbslosigkeit. Vorgetäuschte Kompetenzen gehören wohl zu den häufigsten Gründen, den Lebenslauf aufzuwerten und mit der ein oder anderen Lüge auszustatten.
Laut dem Promagazin gehören angeblich akademische Titel zu den häufigsten Fällen, um ein höheres Gehalt zu verhandeln. Demnach haben rund 60 Prozent der Deutschen schon einmal im Lebenslauf unwahre oder unvollständige Angaben gemacht. Männer lügen dabei mit 54 % häufiger als Frauen. Die Branche der kreativen Künstler und Designer ist mit über 76 Prozent am häufigsten von Lügen im Lebenslauf betroffen, so das Ergebnis der Studie.
Was passiert, wenn die Lügen aufgedeckt werden?
Die Karriere hat begonnen und die falschen Angaben im Lebenslauf haben (zunächst) das gewünschte Ergebnis gebracht. Der Bewerber gehört jetzt zum festen Mitarbeiterstamm des Unternehmens. Doch die geschönten Fähigkeiten fallen schnell auf. Die Risiken sind nicht zu unterschätzen, denn das leichte Aufhübschen in der Bewerbung kann schnell als Betrug ausgelegt werden.
Der Kampf um die wirklich guten Jobs mit Perspektiven und guter Bezahlung ist auch in Zeiten von Personalmangel umkämpft. Vor allem in Branchen mit hoher Konkurrenz wird daher häufig der Lebenslauf mit erfundenen Details aufgewertet oder lückenlos ergänzt. Doch fällt der Betrug auf, kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer fristlos kündigen. Es steht unter Umständen auch eine Rückzahlungspflicht im Raum, und zwar auch dann, wenn der Betrug erst nach Jahren auffällt.
Potenzielle neue Arbeitnehmer greifen gerne bei Gehaltsangaben und Fähigkeiten zur ein oder anderen Falschangabe. Bei Universitäts- oder Schulzeugnissen sowie dem Nachweis über Ausbildungen und Qualifikationen sollte nicht gelogen werden. Das Risiko, durch falsche Angaben in die Haftung zu kommen, ist in vielen Berufen extrem hoch. Schließlich vertrauen Patienten darauf, dass ihr Arzt auch über die notwendigen Fähigkeiten und Ausbildungen verfügt, wenn sie ihr Leben in seine Hände geben.
Auch der Kranführer im Hafen muss sich darüber bewusst sein, dass das Lügen im Lebenslauf schwerwiegende Folgen haben kann. Beispielsweise dann, wenn ein Container beim Transport verrutscht, da er nicht, wie angegeben, über die Befähigungen zum Bedienen der Kräne verfügt. Aber auch in vermeintlich „harmlosen“ Berufen und Branchen, etwa in der Gastronomie oder als Postzusteller, kann es zu unerwünschten Folgen für den Betreffenden kommen. Die Kündigung ist dann nur ein Aspekt. Schadensersatz und andere Ansprüche können hinzukommen.
Fördert KI gefälschte Lebensläufe?
Falsche Angaben im Lebenslauf haben langfristige Konsequenzen, sofern sie aufgedeckt werden. Der Jobverlust ist nur eine der Folgen, der berufliche Ruf kann ebenfalls dauerhaft geschädigt sein. Wer einmal als Lügner enttarnt wurde, tut sich häufig im weiteren Berufsweg schwer, denn wer glaubt einem Bewerber mit dieser Vorgeschichte. Job-Tools mit Künstlicher Intelligenz sollen eigentlich den Bewerbungsprozess vereinfachen und Bewerber schneller in die für sie geeigneten Positionen bringen.
Doch KI kann auch das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer belasten, und zwar von Anfang an. Die oft falschen und übertriebenen Angaben sind längst keine Seltenheit mehr. Sie erhalten durch intelligente Tools sogar neuen Antrieb, denn immer mehr Bewerber verwenden KI-Tools zur Erstellung der Bewerbungsunterlagen. 7 von 10 Unternehmen beklagen laut Onlinemarketing.de Lebensläufe mit gefälschten Daten.
Laut einer Studie von Remote gehören Deutschland, Australien und die USA zu den am stärksten betroffenen Ländern. KI-generierte Lebensläufe stellen die Unternehmen vor große Herausforderungen. Da geht es zunächst einmal darum, sich zeitlich mit jeder Bewerbung intensiv zu beschäftigen. Das geht nur, wenn genug Ressourcen vorhanden sind. Doch auch im HR fehlt es an Fachkräften. Zudem muss sich jede Fachkraft im Personalwesen mit den unterschiedlichen Voraussetzungen und Bedingungen der zu besetzenden Stellen auskennen.
Das alleine ist schon fast unmöglich, und vor allem in größeren Unternehmen nicht zu realisieren. Bewerber können unter Verwendung einzelner Keywords auf Tastendruck Lebensläufe erstellen, die mehr oder weniger weit von der Realität entfernt sind. Laut einer Bewerber-Studie der HR-Website Remote gaben von 4.000 befragten Führungskräften 77 Prozent an, schon einmal KI-Lebensläufe auf dem Tisch gehabt zu haben.
Wie viele davon aufgewertet wurden, ist jedoch nicht bekannt. Dass die KI häufig übertriebt und mittels Standardformulierungen schnell falsche Angaben über Fertigkeiten und Erfahrungen des Bewerbers einfügt, macht die Sache für Bewerber noch leichter und effektiver. Die Studie hat außerdem gezeigt, dass es vorrangig die Fach- und Führungskräfte sind, die KI für ihre Lebensläufe verwenden. Es scheint also so zu sein, dass je höher die Verantwortung im Job ist, desto häufiger KI verwendet wird. Damit steigt aber auch das Risiko, dass die Lebensläufe aufgehübscht werden.
Was können Unternehmen tun?
Eine sorgfältige Recherche und Überprüfung der Angaben im Lebenslauf sind der beste Weg, um zu verhindern, dass Kandidaten mit falschen Angaben ins Unternehmen oder in eine neue Stelle gelangen. Das bedarf aber der Bereitstellung von Ressourcen und dem Willen, sich dieser Aufgabe anzunehmen. Am Ende führt dieser Kontrollschritt aber auch zu Sicherheit für Kunden, Kollegen und für die wirtschaftliche Zukunft des Betriebes. Denn ein nachweislich falscher Lebenslauf bedeutet im schlimmsten Fall auch einen erheblichen Imageschaden für das Unternehmen. Von Schadensersatzansprüchen oder teuren Gerichtsverfahren ganz zu schweigen.