Schreibt ChatGPT bald die Bewerbungen?

Laut einer Umfrage Anfang des Jahres haben bereits 9 Prozent der Befragten positive Erfahrungen bei der Nutzung von Künstlicher Intelligenz für den Bewerbungsprozess gesammelt. Das Analyseportal Statista berichtet aber auch, dass 8 Prozent negative Erfahrungen bei der Verwendung von KI für Bewerbungen machten.

Interessant ist auch die Angabe, dass 53 Prozent der Befragten zwar noch keine Erfahrung mit KI bei der Erstellung des Lebenslaufs gemacht haben, sich dies aber zukünftig vorstellen könnten.

Ist ChatGPT die Lösung für das aufwendige Verfassen von Bewerbungen? Sind Arbeitgeber darauf vorbereitet und wie sehen die zukünftigen Chefs KI im Bewerbungsprozess? Das sind die Fakten!

Bewerbungen mti ChatGPT

Quelle

Kann man Bewerbungen mit ChatGPT schreiben?

Die Frage nach dem Können in Bezug auf die Fähigkeiten des Chatbots ChatGPT von OpenAI lässt sich am besten mit einem Selbstversuch beantworten. Zur Ausformulierung von kompletten Bewerbungsschreiben ist eine Registrierung notwendig. Das Dialogfenster öffnet sich im eingeloggten Zustand und schon kann es losgehen. Zunächst ist es wichtig, die Anfrage präzise zu formulieren, denn je unpräziser, desto austauschbarer ist das Ergebnis.

Mit der Aufforderung „Schreibe ein Bewerbungsschreiben für die Ausbildung als Krankenpfleger“ gibt es auf den ersten Blick ein super Ergebnis. Schließlich klingen die Formulierungen hochprofessionell und ansprechend. Die KI hat ein Anschreiben entworfen, das aber wenig auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten ist.

Um dies zu erreichen, benötigt die Software mehr Angaben über den Nutzer. Mit mehr Daten und Informationen, die über das Dialogfeld eingegeben werden, kommt man der Sache einen Schritt näher. Die Weiterbildungen oder der Schulabschluss liefern Fakten für die Technologie, mithilfe der am Ende das perfekte Bewerbungsschreiben erstellt werden soll.

Führt es trotz mehrfacher Versuche nicht zum gewünschten Ergebnis, kann die Eingabe einer konkreten Stellenanzeige im Textfeld neue Impulse geben. Das generierte Bewerbungsschreiben liest sich im Test gut, dennoch gibt es klassische Fehler, die zu negativer Vorverurteilung beim Lesen führen könnten. Darunter unter anderem die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“ ist wenig hilfreich, schließlich wird heutzutage die persönliche Ansprache der konkreten Person, die laut Stellenanzeige verantwortlich ist, bevorzugt.

Wo kommt ChatGPT für Bewerbungen an seine Grenzen?

Das Sprachmodell wurde zum Schreiben und Übersetzen von Texten entwickelt und dient vielen Kreativen als Grundlage für ihre tägliche Arbeit und das Recherchieren. Aber um Bewerbungsdokumente zu verfassen oder zu optimieren, sind der Technologie derzeit noch Grenzen gesetzt. Künstliche Intelligenz kann, wie im Falle des Chatbots, zwar wertvolle Tipps zur Gestaltung und Präsentation der Bewerbungsunterlagen liefern.

Doch neben passenden Schlüsselwörtern und der richtigen Strukturierung kommt es eben immer noch primär auf den persönlichen Stil und die individuellen Qualifikationen des Bewerbers an. Im Test fanden sich grobe Fehler, die von Hand korrigiert werden mussten. Es ist in der Theorie also möglich, das Bewerbungsschreiben mit ChatGPT zu erstellen. In der Praxis kann etwa eine Anfrage missverstanden werden oder das Ergebnis zu generisch klingen und daher wenig ansprechend sein.

Trotz moderner Bewerbungsverfahren und einer digitalen Vorgehensweise mit gewissen Standards zieht ChatGPT noch immer die unpersönliche Ansprache vor und fängt den ersten Satz gerne mit „Hiermit bewerbe ich mich“ an. Diese altmodischen Formulierungen sind nicht im Sinne einer überzeugenden Bewerbung, die aus der Masse hervorstechen und von Anfang an Interesse wecken soll.

Digitale Revolution mit ChatGPT?

Die Sonntagszeitung berichtete Ende Oktober von einem Versuch, bei dem 5.000 Motivationsschreiben mit einem Klick und ChatGPT erstellt wurden. Neben dem berühmten Sprachassistenten aus den USA werden auch andere KI-gestützte Dienste wie DeepL-Write oder Claude-AI verwendet, um Texte, unter anderem Bewerbungsunterlagen, in die passende Form zu bringen. Doch Personalverantwortliche sind von den KI-erstellten Bewerbungsunterlagen nicht überzeugt.

Pascal Scheiwiller, Chef der Outplacement-Firma von Rundstedt sagt dazu, dass die KI-gestützten Anschreiben meist auf den ersten Blick auffallen, primär wegen ihrer unnatürlich perfekten Art der Formulierung.

Softgarden hat mit seiner Studie der Candidate Experience 2023 gezeigt, dass KI durchaus im Bewerbungsprozess Einzug gehalten hat. Dabei sticht insbesondere hervor, dass schon mehr als die Hälfte der Anschreiben mit Tools wie ChatGPT geschrieben wird. Im Ergebnis stellt die Studie aber fest, dass die Anschreiben wenig aussagekräftig darüber sind, ob es sich bei dem Talent um den richtigen Kandidaten handelt.

Anschreiben gehören der Vergangenheit und sagen nur noch wenig über die Motivation des Jobsuchenden aus. Wahrscheinlicher ist, dass sie eine Auskunft über das KI-Know-how von Jobsuchenden geben. Quelle

Fazit über KI-Tools im Bewerbungsprozess

Mit Künstlicher Intelligenz steht ein ungemein kraftvolles Tool zur Effizienz- und Qualitätsverbesserung bereit. Um komplexe Rekrutierungsentscheidungen treffen zu können, nutzen Personalverantwortliche wie Bewerber immer häufiger intelligente Software und Chatbots wie ChatGPT. Die KI-basierten Anwendungen entlasten einerseits bei immer wiederkehrenden Aufgaben. Sie kommen jedoch bei der Erstellung von persönlichen und individuellen Bewerbungsunterlagen schnell an ihre Grenzen.

Pascal Scheiwiller: „Nach wie vor gibt es ein großes Unbehagen im Umgang mit KI sowie eine Unsicherheit bezüglich des Datenschutzes.“ Quelle

Abgesehen davon, dass zukünftige Arbeitgeber die mit Chatbots erstellten Anschreiben schnell identifizieren und sich bisher wenig begeistert von ihnen zeigen. Bei der Wortwahl und dem Satzbau sind Fehler vorhanden, einige Formulierungen sind eher sinnfrei oder veraltet. Die Persönlichkeit des Bewerbers kommt dabei nicht vollständig zum Tragen, und die Nutzung von KI-Tools zeigt allenfalls den versierten Umgang mit innovativen Technologien.