Arbeiten von Zuhause ist durch die Pandemie für viele Arbeitnehmer von einer Ausnahme zum Regelzustand geworden. Nun plant Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), das Homeoffice dauerhaft zu etablieren.
Durch das Einführen eines Rechtsanspruchs möchte Heil diese „neue Freiheit“ für Arbeitnehmer bewahren. „Ich bin dafür, dass wir aus dem coronabedingten ungeplanten Großversuch zum Homeoffice grundlegende Konsequenzen für die Arbeitswelt ziehen“, so Heil.
Laut der Pläne des Arbeitsministers würde ein Rechtsanspruch auf Homeoffice bedeuten, dass Betriebe ihren Mitarbeitern das Arbeiten von Zuhause grundsätzlich ermöglichen müssen – es sei denn, betriebliche Gründe machen das unmöglich – „etwa weil man im Stahlwerk am Hochofen arbeitet und natürlich nicht von zu Hause aus arbeiten kann“.
Ziel ist es, die modernen Formen des Arbeitens mit einem gesetzlichen Rahmen zu untermauern.
Befürworter von Homeoffice, Remote Work und allgemein New Work-Ansätzen erhoffen sich dadurch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, weniger Staus und verstopfte Innenstädte durch das Wegfallen der Pendelstrecken und damit eine Entlastung für Verkehr und Umwelt.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Gewerkschaft IG Metall stehen dem Vorstoß des Ministers positiv gegenüber. Die IG Metall macht gleichzeitig auf die Arbeitnehmer aufmerksam, für deren Tätigkeit keine Homeoffice-Regelung möglich ist, beispielsweise Fabrikarbeiter. Sie sollen bei der neu geplanten Regelung nicht vergessen werden. Nachteile gegenüber den Mitarbeitern im Homeoffice dürfen nicht entstehen, betont die Gewerkschaft.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgebervereine (BDA) ist mit dem geplanten Rechtsanspruch nicht einverstanden. Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der BDA, sagt dazu: „Der Staat schafft mit neuen Vorschriften kein Vertrauen, sondern setzt die Sicht der Ministerialbürokratie über die sich fortentwickelte betriebliche Praxis. Wichtig ist stattdessen, wie vom Koalitionsvertrag vorgesehen: eine klare Abgrenzung von Telearbeit und Homeoffice als Form mobiler Arbeit.“
Aus Sicht der BDA steht an erster Stelle nicht die Diskussion ums Homeoffice, sondern der Ausbau der Breitbandverbindung.
Ebenfalls gegen die Pläne des Bundesarbeitsministers argumentiert der Digitalverband Bitkom. Ein Rechtsanspruch würde über das „Ziel hinausschießen“. Die Entscheidung für oder gegen das Arbeiten von Zuhause müsse bei den Unternehmen selbst liegen.
New Work ist ein Entwicklungsprozess
Die Welt der Arbeit verändert sich unwiederbringlich – das steht fest. In den nächsten Jahren werden sich verschiedene Modelle entwickeln und Homeoffice ist sicher eines davon.
Doch nicht alle Arbeitnehmer sind mit dem Arbeiten von Zuhause zufrieden, fehlt doch der Austausch mit den Kollegen, das bessere Equipment oder einfach konzentrierteres Arbeiten.
Laut einer Forsa-Umfrage in Kooperation mit der Techniker-Krankenkasse fühlen sich vier von zehn Angestellten im reinen Homeoffice sogar psychisch belastet.
Kann ein Rechtsanspruch auf Homeoffice moderne Arbeitsformen voranbringen und den Zwang des Nine-to-Five-Jobs beenden? Werden nicht Unternehmen im Zweifelsfall genug Argumente finden, warum sie es ihren Angestellten nicht ermöglichen können und so den Rechtsanspruch umgehen?
Die Frage bleibt, ob ein echter Wandel in diesem Fall wirklich durch einen Rechtsanspruch erreicht werden kann. Oder ob das überhaupt nötig ist. Ein starrer Bürozwang mit festen Arbeitszeiten ist sowieso in den meisten Branchen nicht mehr zeitgemäß.
Auf der Suche nach Arbeitskräften können Unternehmen bei dem heutigen Fachkräftemangel durch flexible Arbeitszeiten und Homeoffice-Tage bei ihren Bewerbern punkten und offene Stellen so besser und schneller besetzen.